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Die FNP über die TRAUMNOVELLE

Erotische Fantasie wird zum Albtraum

Joachim Schreiner, Dienstag, 29. März 2011

Schnitzlers «Traumnovelle» hatte in einer Inszenierung des Stalburg Theaters Premiere im Rotlicht-Club «Pik Dame» im Frankfurter Bahnhofsviertel.

Das Stück beginnt und endet mit einem Traum Albertines. Erst turtelt sie mit ihrem Mann, dem Arzt Fridolin. Beide tragen Masken, sind, leicht alkoholisiert, in einer verwegenen Stimmung, erzählen sich gegenseitig von geheimen erotischen Sehnsüchten.

Doch am Ende steht sie im Nachthemd auf der Vorführbühne des Striptease-Clubs in der Elbestraße, der das passende Ambiete für diese schwüle Reise durch die Sinne abgibt, und hat eine Horrorvision. Rote Ledersessel, Plüschvorhänge und Trockeneisnebel neben nackter Haut passen zu Schnitzlers «Traumnovelle», die 1926 für einen Skandal sorgte. Heute regt sich natürlich niemand mehr auf, wenn sich ein Paar durch verschiedene erotische Stimmungen in eine Krise redet. Doch diese Frankfurter Theaterfassung der Novelle hat es in sich. Patricia Aulitzky und Nenad Šmigoc spielen ungemein packend, wenn es darum geht, ihr Innerstes preiszugeben. Das psychologische Vexierspiel geht unter die Haut. Von der tieftraurigen Musik von Schostakowitsch, in den heiteren und erotischen Szenen von Discomusik unterlegt, irrlichtert dieses Kammerspiel für zwei Personen und Club-Personal – einmal wird der Barkeeper einbezogen, später eine veritable Striptänzerin – zwischen Wahnsinn, Tag und Traum.

Per Handy wird der auch Regie führende Šmigoc als Fridolin zu einem Sterbefall gerufen. Anschließend streift er durch die Stadt, wird vergeblich von einer Prostituierten angesprochen, landet in einer Bar. Vom Mixer erfährt er von einem ominösen Ort, an dem erotische Begegnungen zu erwarten sind. Das weckt das Interesse des Arztes.

Die Inszenierung hat Schnitzlers Text radikal gekürzt. Weder kommt es zum geheimen Treffen, noch zu einer finalen Aussprache der Eheleute, die ein Kind miteinander haben. Die Aufführung, die den gesamten Nachtclub bespielt, endet mit Albertines Albtraum von Peitschenhieben und der Hinrichtung ihres Mannes. Ein eindringlicher Theaterabend.