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Die WELT kompakt über die TRAUMNOVELLE

Strip den Schnitzler – Das Stalburg Theater macht sich mit der "Traumnovelle" in der "Pik Dame" nackig

Montag, 28. März 2011

Das Ich ist ein Ozean, meinte Sigmund Freud, der viel geschmähte Vater der Psychoanalyse. An der Oberfläche womöglich unbewegt, doch aufgewühlt und unauslotbar in der Tiefe. Da passt es doch, mag Freuds Zeitgenosse und Mit-Wiener Arthur Schnitzler gedacht haben, die Handlung seiner 1926 erschienenen "Traumnovelle" ans Meer zu verlegen. Zumindest ein bisschen: Erotische Phantasien, erlebt in der dänischen Sommerfrische, wirbeln den österreichischen Alltag eines Ehepaars durcheinander.

In einer alkoholseligen Nacht gesteht es einander die flüchtigen, nie ausgelebten Obsessionen. Den Ehemann verschlägt es später in die Arme einer Prostituierten und schließlich auf eine geheimnisvolle Party, zu der allein Eintritt erhält, wer das Losungswort kennt. Es lautet: Dänemark. Im verruchten Interieur des Cabarets "Pik Dame" im Bahnhofsviertel legen der Regisseur und Schauspieler Nenad Smigoc sowie die Österreicherin Patricia Aulitzky nun eine impressionistische Etüde des Stoffes hin.

Michi Herl, lebensgegerbter Impresario des Stalburg Theaters, unter dessen Ägide die Inszenierung steht, lehnt in der Ecke, eine venezianische Maske, wie sie eingangs verteilt werden, auf der Nase. Die orgiastische Party, Höhepunkt der Novelle, stellt eine nackte Dame an der Strip-Stange dar. Ein schöner kleiner Abend, der ebenso wenig rasch verraucht wie der Zigarettendunst, der sich an der Decke sammelt.

küv