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Die Frankfurter Rundschau über DIE BETTLEROPER

Mit leichter Hand

Stefan Michalzik, Samstag, 10. September 2011

Vom Fundamentalismus des Geldes, von Perversion und gesellschaftlichen Verwerfungen also, kündet ein Abend nach John Gays ,,The Beggar's Opera" im Frankfurter Stalburg-Theater. Mit dem 1728 in London uraufgeführten Stück hat der englische Schriftsteller nicht weniger als die Revolution des britischen Musiktheaters ausgelöst. Mit dem Genre der Ballad Opera, das er mit der ,,Beggar's Opera" begründete, wurden der von ihm parodierte Händel und die feudalistisch-großbürgerliche italienische Oper hinfortgewischt. Fürderhin blieb die Ballad Opera für das britische Musiktheater bestimmend, 1920 landeten schließlich Brecht und Weill mit der ,,Dreigroschenoper" den größten Musiktheatererfolg des 20. Jahrhunderts.

Der Sänger und Pianist Markus Neumeyer hat die ,,Beggar's Opera" musikalisch runderneuert und die Sammlung von Gassenhauern, die Gays Partner Johann Christoph Pepusch nach Volksliedern und Melodien von Händel und Purcell arrangiert hat, um ein paar zeitgenössische wie den gleich zu Beginn potpourrihaft untergemengten Song ,,Money Makes the World Go Round" aus dem Musical ,,Cabaret" erweitert.

Mit leichter Hand changiert das Trio um Neumeyer und die beiden großartigen Sängerinnen Monica Ries und Ingrid El Sigai zwischen Chansongesang und Barockparodie, deutscher Sprache und englischem Original. Neumeyer gewährleistet zudem einen reibungslosen Übergang vom Klavier in die ihm eine szenische Freiheit gewährende Klangkonserve und wieder zurück. Die in amüsanten Übergängen fliegend die Rollen wechselnden Spieler agieren in der tänzerisch rhythmisierten Inszenierung von Hausregisseur Manfred Roth wohltemperiert pointiert, mit kaum mehr als ein paar farbigen Leuchtstoffröhren als abstrakten Spielobjekten. Ein spielerischer Impetus und zugleich ein ausgeprägtes Bewusstsein für die Strenge der Form sowie eine schneidende Präzision in der musikalischen Erarbeitung sind stichsichere Trumpfkarten.

Mit aktuellen Anspielungen hält sich dieser beflügelte Abend zurück; den Bogen von den kleinen Gaunern zu den global ausstrahlenden spekulativen Verwerfungen, in deren Strudel fahrlässige Politiker unser Finanzsystem abrutschen haben lassen, muss man sich in diesem so unbeschwert amüsanten wie klugen Lehrstück selber machen.

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