Die FR über GATTE GEGRILLT und Regisseur Nenad Šmigoc
Gatte gegrillt
<i>Christina Dirlich, Freitag, 4. Januar 2008</i>Die ergrauten Haare aus der Stirn gebürstet, in schwarzer Hose und braunem Pullover betritt Nenad Šmigoc den Zuschauerraum des Stalburg Theaters im Frankfurter Nordend. Aus der Lederjacke kramt er ein Päckchen Tabak. "Was mich interessiert, sind die Beziehungen, die wechseln, die holprig und schwierig sind. Das kenne ich aus dem eigenen Leben", sagt Šmigoc. Seine braunen Augen lächeln freundlich, fast verschmitzt hinter den runden Brillengläsern.
Dieses Leben pendelt zwischen Theatern in Wien und Rhein-Main, doch gerade hält es ihn fest in der Stalburg. Dort inszeniert er das Stück "Gatte gegrillt" von Debbie Isitt - der 43-Jährige führt Regie und spielt selbst die Hauptrolle, den Tom. "Ich würde sagen, dieser Mann ist nicht erfunden." Schon etwas in die Jahre gekommen, holt sich Tom, was er von seiner Frau nicht bekommt, bei einer Jüngeren. Verlassen aber will er seine Gattin nicht. Hilde kocht so gut, und Laura besorgt den Rest. Bei einem Abendessen treffen die Frauen schließlich aufeinander- eine alltägliche Tragödie.
Der Stoff lädt zwar durchaus ein, auf Klischees einzudreschen. Doch darüber will Šmigoc hinaus: "Es wäre sehr simpel, die Figur ausschließlich als Bösewicht zu zeigen", sagt er. Dieser Mensch sei mehr als mies - charmant und attraktiv etwa. "Tom macht sich zum Gefangenen seiner Spielchen, die er mit den Frauen treibt", und typisch männliche Verhaltensmuster treffen auf zwei Frauen, die "mehr auf dem Kasten haben als er", sagt Smigoc.
Doch Mitleid ist nicht sein Stil. Smigoc schätzt kabarettistische Versatzstücke mehr als psychologisierte Charaktere - entsprechend turbulent werde die Inszenierung. Auch, weil das von der Autorin empfohlene hohe Grundtempo den Rhythmus vorgibt. Und er setzt auf schwarzen Humor: "Er beschert Momente, die uns die Augen öffnen", indem sich Tragik und Komik miteinander verbinden. Für Šmigoc ist die Bühne eine "Spielwiese", die er nutzt, um "etwas herauszufinden", um das Publikum nicht "nur" zu amüsieren.
Für das Frankfurter Theater, in dem Nenad Šmigoc bereits in Michi Herls Ein-Personen-Stück "Sperrmüll" spielt, bedeutet "Gatte gegrillt" eine doppelte Premiere: "Wir wollten Nenad als Regisseur am Haus haben", sagt Produktionsleiterin Petra Gismann. Und damit einmal eine andere Regie, die zudem erstmals ein Stück, das nicht für die Stalburg geschrieben wurde, in Szene setze.
So spielt Smigoc im Stalburg Theater, parallel inszeniert er an der Universität und in Aschaffenburg mit freien Gruppen, auf einen Auftritt in Frankfurt folgt am nächsten Tag das Gastspiel in Wien - monatelang arbeitet er so.
Ortswechsel scheinen eine Konstante im Leben von Nenad Smigoc zu sein. Im kroatischen Zagreb geboren, zog er mit zehn Jahren ins Rhein-Main-Gebiet um. "Die klassische Gastarbeitergeschichte", sagt er knapp. Eine Weile hat er in England verbracht, seit zweieinhalb Jahren lebt er mit seiner Frau in Wien.
Bühnenheimat in Rhein-Main
Verabschiedet hat er sich dennoch von Deutschland nie. Wenn er in Frankfurt ist, kommt er bei Freunden unter, in dem Haus, in dem er selbst jahrelang gewohnt hat. "Ich betrachte das Rhein-Main-Gebiet als meine Bühnenheimat."
Die Lust auf Theater entdeckte Smigoc bereits in der Schule. "Im Deutsch- und Englischunterricht gab es Stoffe, die unheimlich spannend waren." Er begann zu spielen. Als er in Frankfurt Sprachen und Literatur studierte, machte er in einer Anglistik-Truppe weiter, vom Studenten- und Amateurtheater war es dann nur noch ein kleiner Schritt in die freie Szene.
Seit 1993 lebt Smigoc von seiner Kunst. Inzwischen aber reizt ihn nicht mehr so sehr das Erzählen bestimmter Geschichten, sondern der Arbeitsprozess. "Auf welcher Bühne, mit welchem Publikum arbeite ich?" Jeder Raum habe eine eigene Atmosphäre, sagt Smigoc. Und wenn er gerade nicht Theater macht? "Dann gehe ich ins Theater und sehe mir Stücke an."
Gatte gegrillt, Premiere: 4.1., 20 Uhr (ausverkauft), weitere Vorstellungen im Januar: 5.1., 11.+12.1., 18.+19.1