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Die FR über BRUMM BRUMM

Herr Funz als Guerillero

Stefan Michalzik, Donnerstag, 4. September 2008

Selige Zeiten. Ein älterer Herr, angetan mit einem weinroten Pullunder, kommt mit einer ledernen Aktentasche ins Büro. Das ist ausgestattet mit einem Stempelhalter, einem Telefon aus den sechziger Jahren und einem Kofferradio, das noch ein Jahrzehnt älter ist.

Die erste Aufmerksamkeit von Amtmann Müller gilt der Pralinenschachtel, dann spitzt er behaglich seinen Bleistift. Hernach steht die erste Unbill des Beamten-Tags an: Einige private Telefonate.

Menschen mit Kleidung und Auftreten wie Müller sind selbst im hintertupfigsten Landratsamt im Aussterben begriffen. Der Computer hat Einzug gehalten, Personalabbau und Rationalisierungsdruck dürften zumindest dem Gros der Beamten längst den sprichwörtlichen Schlendrian ausgetrieben haben.

Spröde Verweigerung des Zeitgeists

Im Frankfurter Stalburg-Theater aber, dieser in ihrem zehnten Jahr stehenden Brutstätte einer launigen Unterhaltungsguerilla, die zwischen spröder Verweigerung des Zeitgeists und beharrlichem Selbstmarketing ihre Position gefunden hat, hält man nichts von Aktualitätsdruck. "Brumm Brumm", die neue Hervorbringung von Stalburg-Commandante Michael Herl, handelt erfreulicherweise nur ganz am Rande von Autos. Herl bleibt bei seinem liebsten Thema: dem Mann.

Ilja Kamphues spielt erneut den schon aus "Wer kocht, schießt nicht" bekannten Dr. Theodor Kögel. Endlos wartend, macht der verklemmte Intellektuelle die Bekanntschaft eines perfekt "Kanaksprak" (Feridun Zaimoglu) sprechenden Migranten namens Herr Funz - eine Wiederbegegnung mit dem unter anderem aus dem Herl-Stück "Gatte gegrillt" bekannten Nenad Smigoc.

Im Geist des Volkstheaters

Zwischen Bildung und Bildzeitung, Wessi und Ossi mit Balkanwurzeln, Hirn und Bizeps tut sich eine tiefe Kluft auf. Gemeinsam ist den beiden das Ansinnen, den alkoholbedingt verlorenen Führerschein wiederzuerlangen. Ausgerechnet der hesselnde Prüfer Müller in Gestalt von Heinz Harth aber treibt die feuchte Fröhlichkeit - gepaart mit dem Sadismus des kleinen Lichts - auf die Spitze.

"Brumm Brumm" ist ein versöhnliches Stück, verfasst und inszeniert im Geist des Volkstheaters. Schale Witze und Kalauer, über die Müller selbst am herzhaftesten lacht, werden mit Klischees gemischt.

Diesen Humor muss man nicht teilen. Trotzdem ist der Abend kurzweilig. Denn das unter der souveränen Regiehand Jo van Nelsens agierende Trio ist mit einnehmender Emphase am Werk. Die Sache hat Charme. Der ist sowieso Grundlage des Erfolgs dieses Theaters.

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