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Die FNP über NEUMANN NACH BERLIN.

Wahlkampf in der Straußwirtschaft

<i>Marcus Hladek, Dienstag, 4. Oktober 2005</i>

Ilja Kamphues führt in der Frankfurter Stalburg in Manfred Roths Regie Michael Herls Wahlkampf-Endspurt-Stück auf.

Mr. Smith Goes to Washington nannte Frank Capra an der Schwelle zum Zweiten Weltkrieg (1939 )seinen Film mit James Stewart als Senats-Nachrücker voller Ideale von der Demokratie. Die büßt er im Politsumpf ein, berappelt sich letztlich aber, weil es halt doch auf Herrn Jedermann ankommt. Neumann nach Berlin nennt Theater-Alterspräsident Michi Herl an der Schwelle zur Großen Koalition (2005) seine Komödie mit Ilja Kamphues als Hoffnungsträger einer Partei namens QDS. In sechs Wochen tritt uns Neumann vier Mal in fast identischen Wahlkampfreden gegenüber. Trotz Hubschraubergeräusch und pompöser Musik, die jeden Auftritt einleiten, und trotz bleibender Rituale Trinken aus dem Bembel, Fassanstich zur Fahrstuhlmusik durchlebt er von Mal zu Mal einen Wandel, der des Neulings unverbrauchten Mut und Sinn fürs politische Idyll mählich zermürbt.

Zwei Wochen machen einen Genervten aus ihm, der sich noch sträubt, zwei weitere den gelackten Anpasser, für den, weil er einen Hammer hat, jedes Problem aussieht wie ein Nagel. Am Tag vor der Wahl aber ist er völlig von der Rolle und rekombiniert seine Floskeln, die Überzeugungen waren, beliebig neu. Herls Jedermann gibt auf und tritt in die väterliche Straußwirtschaft ein.

Das Leben ist komplex, es hat reale und imaginäre Teile. So auch Neumann, dem Herl aus dem eigenen Bündel die bodenständige Skepsis mitgibt. Capras Happy End hat auf seiner Rednertribü(h)ne mit QDS-Plakaten, geföntem Kandidaten und Bembeln für Zaubertricks keine Chance mehr. Eher schon bewahrheitet sich die Volksweisheit, Politiker und Windeln müssten regelmäßig gewechselt werden: aus dem gleichen Grund.