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Die FAZ über HERZSCHEISSE

Liebe in Bielefeld – Michael Herls "Herzscheiße" im Stalburg Theater

Christoph Schütte, Montag, 16. November 2009

"Die Liebe ist das Fieber und auch der Fieberwahn / Die Liebe ist ein Schmetterling, auf der Autobahn." Niemand kann besser solche Zeilen schreiben und in schlichte Melodien kleiden als der Berliner Liedermacher Funny van Dannen. Mit sanfter Ironie, immer haarscharf am Kitsch vorbei und dabei so lapidar, entwaffnend komisch und ohne falschen Ton von der Liebe singen, der ganzen "Herzscheiße", wie nicht nur eines seiner Lieder, sondern gleich eines seiner vielleicht schönsten Alben heißt. Und nicht zuletzt von "Tanja Schmidt".

Jener Allerliebsten, die den Erzähler im gleichnamigen Song eben erst verlassen hat und die nun, nach drei Monaten mit ihrem Chinesen im Fernen Osten, wieder zu Hause ist. Auf der Bühne des Frankfurter Stalburg Theaters erzählt sie uns vom ersten Kuss und erster Langeweile über allerlei Affären bis zum Adieu in Bielefeld, von chinesischer Leidenschaft und ihrem Verglühen, kurz: von der Liebe, wie sie kommt und manchmal doch ein wenig länger bleibt. Bevor sie sich, eh man sich's versieht, ganz einfach wieder so verdrückt.

So weit, so schlicht Michael Herls neues, sich an van Dannens Diskographie entlang hangelndes Stück "Herzscheiße", das jetzt unter der Regie Nenad Smigocs im Stalburg Theater zu sehen ist. Eine alltägliche Geschichte, wie sie Herl in seinen Stücken als wundersam im grauen Alltag vorgefundene Perlen liebt. Allein, so fragt man sich zuweilen im Lauf der knapp zwei Stunden, warum ausgerechnet Tanja Schmidt, warum dieses Theater?

Zwar ist das alles nett und unterhaltsam und van Dannen mag man immer gerne hören. Doch Tanja Schmidt eine Geschichte mitzugeben, sie fortzuschreiben und mithin die Song-Perlen zu bebildern ist einerseits ein Risiko und im Grunde auch ein bisschen viel des Guten. Für das Theater aber andererseits zu wenig. Dass die Idee den Abend dennoch trägt, ist insofern fast ein kleines Wunder und ist mehr noch als Smigocs klug mit der Dramaturgie der Songlist spielender Inszenierung vor allem Jule Richters Tanja Schmidt zu verdanken.

Wie sie zwischen Gepäckausgabe und Raucherkabine am Flughafen mit sich und der Welt ins Gericht geht; wie sie mal mit den Songs im Ohr - und also aus dem Off - , mal selbst zur Gitarre von heimlicher Hoffnung und überhaupt von dieser Sehnsucht nach der Liebe erzählt, kann zwar das Stück nicht retten. Aber Richter trifft einen Ton. Tanja Schmidt gewinnt allmählich Kontur. Auch wenn die Musik derlei genau betrachtet nicht bedarf, reicht es für einen unterhaltsamen, mehr heiter als melancholisch grundierten Abend.