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Die Frankurter Rundschau über "Der letzte Husten"

La Bohème mit Indianern

Wilhelm Roth, 13. Februar 2012



Alexandra Maxeiners Komödie „Der letzte Husten“ über Verrücktheiten auf der Bühne wird als Uraufführung im Stalburg Theater gezeigt

Was macht ein Regisseur, der an einem Opernfestival teilnehmen und dort auch gewinnen will, wenn er nur zwei Schauspieler zur Verfügung hat und kein Orchester? Er hat die innovative Idee, Puccinis „La Bohème“ mit dem klassischen Opernliebespaar Mimi und Rodolpho ohne Musik aufzuführen. Die große Liebe, die Armut, die Krankheit, der Husten, der Tod – die Liebestragödie pur, ohne den tröstenden Melodienschmelz Puccinis.

Schon bei der ersten Probe merken die drei aber, dass das nicht funktioniert. Und so stürzt sich der Regisseur in immer wieder neue, immer waghalsigere, schrägere, absurdere Versionen. „La Bohème“ als Sozialtragödie (Hartz IV), als Stummfilm, verfremdet als Indianergeschichte mit Old Shatterhand und Winnetou, als Musical, als Film noir.

Alexandra Maxeiner hat über diese Theater-Verrücktheiten die Komödie „Der letzte Husten“ geschrieben, als Auftragsarbeit des Stalburg Theaters, der kleinen, lebendigen Bühne im Frankfurter Nordend, einer der besten Adressen, wenn es um anspruchsvolle Unterhaltung geht. Maxeiner, bekannt vor allem als Kinder- und Jugendbuchautorin, ist nicht neu in der Stalburg. Von ihr stammt der „Rapunzel Report“, bei dem sie auch selbst Regie führte, ihre höchst vergnügliche Fortschreibung bekannter Märchen.

Das Stalburg Theater bringt im Jahr nur zwei bis drei Premieren heraus, von denen aber dann jede zwei, drei oder mehr Jahre laufen soll. Auf diesen Erfolg ist die Stalburg als Privattheater angewiesen. Trotzdem setzt Michael Herl, der künstlerische Leiter, nicht nur Stücke auf den Spielplan, die anderswo schon viele Zuschauer anlockten, sondern er wagt auch immer wieder Uraufführungen, wie eben jetzt „Der letzte Husten“.

Regie führt Ellen Schulz, die in der Stalburg zurzeit auch als Schauspielerin zu sehen ist. Sie sprang in „Gatte gegrillt“ für eine erkrankte Kollegin ein. Bei den Brüder Grimm Märchenfestspielen in Hanau hat sie den „Teufel mit den drei goldenen Haaren“ sehr schwungvoll inszeniert und zuletzt im Herbst 2011 im Frankfurter Autoren Theater die Wiederentdeckung „Tillas Tag“ von Ludwig Fels zum Erfolg geführt.

Als Ellen Schulz den Text des „Letzten Husten“ in die Hand bekam, war sie, wie sie sagt, sofort „hell begeistert“ von der handwerklichen Souveränität des Stücks und von den Geschichten, die da erzählt werden. Es geht nicht nur darum, die ziemlich abgedrehten Variationen von „La Bohème“ möglichst virtuos und unterhaltsam vorzuführen, sondern auch und vor allem darum, die Geschichte dieser drei anscheinend (oder scheinbar?) gescheiterten Existenzen, des Regisseurs und der Schauspieler Gudrun und Klaus, zu erzählen.

Klaus ist der Angeber. Wo ich bin, ist vorn, ist seine Devise. Er hat mit Tabori gearbeitet, muss aber zugeben, dass das nicht der berühmte George war, sondern bloß Karl-Heinz, ein Regisseur aus Homberg (Efze). Gudrun ist die Unscheinbare. Keiner sieht mich, sendet sie aus. Sie ist 30 Jahre durch die Provinz gewandert, das „Bohème“-Projekt versteht sie als Chance.

Ellen Schulz will für jede der Figuren eine komische Perspektive entwickeln, will ihre Stärken und Schwächen herausarbeiten, will aber bei aller Komik die Tragik nicht übersehen. Auch eine Komödie wie „Der letzte Husten“ hält da Überraschungen bereit.

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