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Die Frankfurter Rundschau über "Gatte gegrillt"

Der Mann als Lamm

Judith von Sternburg, Montag, 7. Januar 2008

Unterhalb der Ebene von Tod und schwerer Erkrankung gehört das Verlassenwerden zu den wesentlichsten Skandalen, die Menschen zugemutet werden. Wäre es nicht mit den Grundwerten von Demokratie und Freiheit unvereinbar, so müsste zumal ein Mann, der eine Frau wegen einer deutlich jüngeren Frau verlässt (sagen wir: zehn Jahre jünger), gerichtlich belangt werden.

Es ist nicht nobel, einen solchen Gedanken zu hegen. Er ist aber ein lehrreiches Beispiel dafür, weshalb Gesetze nicht von grimmigen Individuen, sondern von großen Gruppen verabschiedet werden, einem Parlament etwa. Er ist auch der Hauptgrund dafür, weshalb Debbie Isitts Stück "Gatte gegrillt" so erfolgreich ist und nun im Frankfurter Stalburg Theater für blendende Stimmung in weiten Teilen des Publikums sorgte. Vermutlich nicht bei geschiedenen Männern, die mit ihren wahnsinnig jungen Freundinnen angereist waren.

Die "schwarze Komödie" erzählt, wie ihr Name schon andeutet, von einer Frau, die ihren inzwischen mit einer jüngeren Frau verheirateten Ex-Ehemann kochen will (so heißt es auch im Originaltitel, das Wort "grillen" kam wohl durch die Alliteration ins Spiel, außerdem ist gegrilltes Fleisch meist wohlschmeckender als gekochtes). Sie hat ihn und seine neue Frau zum Essen eingeladen, verrät aber nicht, was der Hauptgang sein wird. Nun ja, man kann es sich denken. Rückblenden und Monologe zeigen in der Zwischenzeit, wie es soweit kommen konnte.

Zwei Frauen mit einem Problem

In Frankfurt geschehen diese Wechsel - vor und zurück, und jetzt kommentiert der eine, und schon wirft er das Wortbällchen dem nächsten zu - höchst geschmeidig. Es genügt der Einsatz von ein paar Scheinwerfern und wenigen von der Decke baumelnden Requisiten (Kochbuch, Fisch als Vorspeise). Am Esstisch zischen sich Steffi Kunkel, Angela Waidmann und Regisseur Nenad Smigoc an. Natürlich merkt das Publikum nach und nach, dass die mit Klischees & Wahrheiten vollgestopfte Geschichte etwas vielfältiger ist, als es zuerst den Anschein hat. Die verlassene Superköchin und die neue Frau und Haushaltsversagerin sind sich in einigen Dingen bald unerwartet einig. Ihm wäre es sowieso am liebsten, wenn er sich bei der einen gut ernähren und bei der anderen jung fühlen könnte.

Smigoc selbst bietet die tollste Posse und wirkt zugleich lebensecht. Gerät er in die Defensive, wird er grob. Fehlt es ihm an Logik, so nicht an Lautstärke. Sein Sinn für Bequemlichkeit ist ausgeprägt, sein Desinteresse unverhohlen, sobald seine Ziele (pünktliches Abendessen, junge Geliebte) nicht betroffen sind. Smigoc macht runde Augen und zappelt verräterisch. Er zeigt einen Mann, der sich zwar Mühe geben muss, um an seine Unschuld zu glauben, dem es aber gelingt. Auf seine Weise ist er tatsächlich ein Lamm. Und nicht zurechnungsfähig, sozusagen.

Entspannend und sinnvoll

Am Anfang steht, dass es gerechter ist, Gesetze von großen Gruppen verabschieden zu lassen, einem Parlament etwa. Nun könnte man darüber ins Grübeln kommen, welche Personen im Parlament sitzen. Eher die Frauen, die von ihren Männern verlassen wurden? Eher die Männer, die neuerdings mit einer viel jüngeren Frau zusammen wohnen? Wie würde ein Parlament entscheiden, wenn der Usus es wollte, dass ältere Frauen mit jüngeren Männern entspringen? Ein weites Feld. Gerade weil solche Überlegungen aber ein Unfug sind, ist der Besuch im Stalburg Theater so entspannend und sinnvoll.

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